"Frieden wird uns nicht geschenkt"

Freimaurer trafen sich auf der Wasserkuppe – Vortrag von Bundesminister a. D. Christian Schwarz-Schilling


veröffentlicht in der "Humanität - Das deutsche Freimaurer-Magazin",  Nr. 6 2017, Seite 34

 

Die im Jahr 2010 in Fulda gegründete Freimaurerloge "Zum Frieden – la Paix" i. Or. Fulda nahm das 300-jährige Jubiläum der Gründung der Großloge von London und Westminster zum Anlass, sich ihrer freimaurerischen Werte zu versichern und am Tag der Wahl zum Deutschen Bundestag mit einer Veranstaltung an die Öffentlichkeit zu treten. Dem vorausgegangen war eine Tempelarbeit in dem heute als Denkmal erhaltenen Radom auf der Wasserkuppe. Dieser „Radardom“, dessen erster von insgesamt vier „Domen“ im Jahre 1958 errichtet wurde, wird als kulturelles Denkmal auf dem höchsten Berg von Hessen zur Erinnerung an den Kalten Krieg und die nahe ehemalige innerdeutsche Grenze erhalten.

Marie-Luise und Christian Schwarz-Schilling mit dem stellvertretenden Großmeister der Vereinigten Großlogen von Deutschland Br. Bernd Brauer, Foto: Loge
Marie-Luise und Christian Schwarz-Schilling mit dem stellvertretenden Großmeister der Vereinigten Großlogen von Deutschland Br. Bernd Brauer, Foto: Loge

Die Fuldaer Loge hatte die "Feld- und Militärloge Henning von Tresckow" i. Or. Potsdam eingeladen, diese Tempelarbeit auszurichten. Henning von Tresckow, der Namensträger dieser Loge, gilt (heute allerdings nicht unumstritten) als eine der großen Persönlichkeiten des militärischen Widerstandes gegen Adolf Hitler.

 

Die Tempelarbeit in der Kuppel des Radoms wurde von Brüdern aus 25 Orienten besucht, u.a. aus Brüssel und St. Gallen. Als Gäste konnten neben anderen der stellvertretende Großmeister der VGLvD, Br. Bernd Brauer, und der Großkanzler der Großloge A.F.u.A.M.v.D., Br. Karl-Henning Kröger, begrüßt werden. Damit erfüllte sich der Wunsch der Brüder aus Fulda, sowohl am Tag der Bundestagswahl als auch kurz vor dem Tag der Deutschen Einheit Freimaurer zusammenzuführen und sich mit dem Thema Krieg und Frieden zu befassen.

Am Nachmittag hatte die Fuldaer Loge zu einem öffentlichen Vortrag von Bundesminister a. D. Christian Schwarz-Schilling in das Bürgerhaus im nahen Poppenhausen eingeladen. Schwarz-Schilling erwarb sich als Streitschlichter der internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo und in Mazedonien große Verdienste, die ihn später als Sonderbeauftragten der EU in Bosnien-Herzegowina empfahlen. Nach einem Grußwort des Bürgermeisters Manfred Helfrich sprach der im Jahr 1930 geborene Christian Schwarz-Schilling zwei Stunden in meist freier Rede über seine Erfahrungen auf dem Balkan und die Lehren, die er daraus gezogen hat. Entscheidend für Schwarz-Schilling war, dass Europa zu spät eingegriffen und über lange Zeit entsetzliche Menschenrechtsverletzungen zugelassen habe. Seine Haltung dazu fasste er in der Aussage zusammen: "Auch wenn man keinen Krieg führt, kann man schuldig werden." Frieden um jeden Preis sei keine Voraussetzung, Frieden zu gewinnen, sagte er auch mit Hinweis auf das Münchner Abkommen aus dem Jahr 1938, das Hitlers Expansionsstreben legitimiert habe. In seiner Rede ging Schwarz-Schilling auch auf die gegenwärtige internationale politische Krise ein und sprach davon, dass "der Krieg mit Worten" bereits weit fortgeschritten sei. Mit Verweis auf die Vereinigten Staaten von Amerika merkte er an, dass eine Politik, die nur auf die Interessen des eigenen Landes ausgerichtet sei, am Ende auch das eigene Land schwäche. Sein Vortrag wurde getragen von dem Appell: "Frieden wird uns nicht geschenkt!" Die anschließende Aussprache wurde moderiert vom Meister der Forschungsloge Quatuor Coronati i. Or. Bayreuth, Br. Thomas Forwe.

 

Tröstlich angesichts der Schilderungen von Kriegen und ihrer Folgen waren musikalische Beiträge des in Poppenhausen lebenden Musikers Jan Polivka, der auf dem Cembalo Kompositionen von Händel vortrug, die wie die Freimaurerei seit 300 Jahren nichts von ihrer Strahlkraft verloren haben.

Freimaurer aus 25 Orienten trafen sich auf Einladung der Fuldaer Freimaurer auf der Wasserkuppe, Foto: Loge
Freimaurer aus 25 Orienten trafen sich auf Einladung der Fuldaer Freimaurer auf der Wasserkuppe, Foto: Loge